Links überspringen

Achtsame Fesselkunst: Shibari

Was bedeutet Shibari?

Shibari ist im BDSM ein besonderer Stil des Rope-Bondage, der sich aus einer japanischen militärischen Fesseltechnik dem Hojojutsu entwickelte. In Japan wird für das, was wir in Europa als Shibari bezeichnen aber der Begriff Kinbaku verwendet, das einem auch oft in Zusammenhang mit Bondage begegnet.

Im übertragenen Sinne bedeutet Shibari in etwa so viel “Festbinden”. Meist geht es beim Shibari um sexuelle Fesselungen, bei der die gefesselte Person in komplizierten Mustern gefesselt wird. In der Regel werden dafür mehrere Stücke eines dünnen Seils verwendet, die etwa sechs Millimeter dick und sieben bis acht Meter lang sind.

Was ist das Faszinierende an dieser BDSM-Praktik?

Shibari oder Kinbaku unterscheidet sich von westlicher Fesselung oder Bondage im BDSM allgemein dadurch, dass die gefesselte Person, oft “Bunny” genannt, nicht nur ruhig gestellt wird, sondern sogar Freude daran hat, unter dem Druck und der straffen Spannung der Seile zu stehen, selbst wenn oder gerade weil diese Brüste oder Genitalien quetschen. Fans der japanischen Fesselkunst geben an, dass die Seile ihnen Geborgenheit schenken, sie zur Ruhe bringen und das Geschehen zwischen Rigger:in und Gefesseltem als entschleunigend wahrgenommen wird.

Im Rope-Bondage geht es in erster Linie nicht darum, Macht auszuüben oder jemanden zu quälen. Vielmehr ist die Ästhetik der Position wichtig: Shibari und Kinbaku sind insbesondere dafür berüchtigt, unbequeme asymmetrische Positionen zu verwenden, um die psychologischen Auswirkungen der Fesselung zu verstärken.

Für den oder die Fesselnde:n liegt die Befriedigung nicht nur darin, zu sehen, wie der/die Gefesselte künstlerisch und bewegungsunfähig vor ihm liegt oder hängt. Auch der achtsame Prozess des Fesselns selber und das Vertrauen der anderen Person zu spüren ist für Bondage-Künstler höchster Genuss.

Worauf es beim Shibari zu achten gilt

Wie immer im BDSM gilt auch beim Shibari: Tastet euch langsam heran. So schön und faszinierend die Kunst von außen betrachtet aussieht, für den Geist wie für den Körper birgt die japanische Fesseltechnik einige Herausforderungen. Nehmt euch theoretisch wie praktisch Zeit, euch mit den verschiedenen Fesseltechniken und Seilen vertraut zu machen. 

Körperlich gesunde Menschen brauchen zwar grundsätzlich keinerlei Risiko fürchten. Dennoch sind Grundkenntnisse über Körper, Knoten, Seile und Sicherheitsaspekte ein absolutes Muss, bevor mit dem Fesseln begonnen wird, um ernsthafte Quetschungen und langfristige Schäden zu vermeiden. Auch sollte die Blutzufuhr zu einzelnen Körperteilen nicht zu lange eingeschränkt werden, wie etwa beim Abbinden. Beim Shibari oder Bondage allgemeinen darf die gefesselte Person außerdem niemals alleine gelassen werden.

Shibari oder Kinbaku ist außerdem nichts für Ungeduldige, da es viel Achtsamkeit auf beiden Seiten erfordert. Bis zum Beispiel ein Muster oder gar eine Suspension fertiggestellt ist, kann es nämlich schon etwas dauern. Der/die fesselnde Partner:in muss sich Zeit nehmen, damit jeder Handgriff und jeder Knoten sitzt, ständig auf die Reaktionen der zu fesselnden Person achten und gleichzeitig alle Sicherheitsaspekte im Hinterkopf haben. Andererseits muss der/die gefesselte Partner:in bereit sein, über einen längeren Zeitraum die Kontrolle abzugeben. Denn straff, bewegungsunfähig und unbequem in viele Schnüre eingewickelt zu sein, muss man erst einmal aushalten können. Und wollen. 

Nur für Fortgeschrittene: Suspensions

Besondere Vorsicht ist beim so genannten Hängebondage, den Suspensions, geboten. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine der gefährlichsten Arten zu fesseln oder sogar Bondage allgemein. Dabei wird der gesamte Körper an einem oder mehreren Punkten über dem Kopf oder an einer Decke aufgehängt. Je nach Schwierigkeitsgrad kann sich das Bunny noch mit einem Körperteil, etwa dem Fuß oder einer Hand abstützen, oder komplett schweben. Das Gewicht wird in der Regel durch mehrere Schnüre um Brust und Hüfte balanciert. 

Diese Art von Rope-Bondage sollte nur durchgeführt werden, wenn der oder die Fesselnde fortgeschrittene Kenntnisse über Anatomie und Fesseltechniken hat und unmittelbar beziehungsweise jeder Zeit eingreifen kann. 

Wo kann ich das Fesseln lernen?

Eine der besten Möglichkeiten, um das Fesseln mit Seilen zu lernen, ist die Teilnahme an speziellen Workshops, die mittlerweile auch online angeboten werden. Vaegabound zum Beispiel veranstalten sowohl für Beginner als auch für Fortgeschrittene, für Paare wie für Einzelpersonen, regelmäßig Online-Kurse auf deutsch und englisch. 

Wer erst einmal nur theoretisch in die Kunst reinschnuppern möchte, wird bei diesen YouTuber:innen, die euch Knoten für Knoten alles über Basics, Sicherheitshinweise bis Muster für Fortgeschrittene beibringen, sicher fündig. Auch Bücher, am besten mit vielen Illustrationen, sind eine gute Quelle für Einsteiger.

Welche Seile eignen sich besonders gut zum fesseln?

Die Qualität der Seile ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Faktor, um Shibari-Sessions zu dem zu machen, was alle Beteiligten als angenehm empfinden. Baumwoll-, Jute– und Hanfseile werden am häufigsten verwendet, gelegentlich auch Nylonseile aus dem Baumarkt.

Baumwollseile sind zwar weicher und elastischer, die Knoten können aber schwerer zu lösen sein. Hanf- oder Juteseile sind starrer und gerade für Anfänger:innen leichter zu handhaben. Dafür können sie manchmal etwas rau sein und benötigen spezielle Pflege.

Eine gute Auswahl sowohl an Seilen als auch Pflegemitteln und wertvollen Hinweisen gibt es bei Baumwollseil und MyNawashi.