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Erniedrigung: Im Boden versinken und Höhenflug

Content-/Triggerwarnung: Erniedrigung, Begriff Sklave

Was bedeutet Erniedrigung?

Beim Wort “Erniedrigung” denken einige an peinliche Situationen zur Schulzeit oder an Erlebnisse mit den eigenen Eltern zurück. Im BDSM spricht man allerdings von erotischer Erniedrigung. Im Englischen heißt diese Spielform Degradation. Erniedrigung ist das Spiel mit Scham und Schamgefühl. Das kann verbal oder physisch stattfinden und soll bei der devoten Person ein Gefühl von Unbehaglichkeit schaffen. Die dominante Person bringt die submissive Person in Situationen, in der diese sich erniedrigt fühlt.

Was genau Scham und Unbehagen hervorruft ist, wie so vieles im BDSM, absolut subjektiv. Erniedrigung ist genau das, wonach es sich anhört: Man wird erniedrigt, kritisiert und herabgesetzt. Es geht darum, ohne Respekt behandelt zu werden und sich ein Stück weit als Objekt zu fühlen, weniger wertvoll. Trotzdem ist BDSM immer mit einem tiefen Respekt voreinander verbunden. Das Gefühl entsteht künstlich und absichtlich, um gegenseitige Vorlieben zu befriedigen. Nicht, weil es tatsächliche Abneigungen gibt. Denn das wäre Mobbing und gehört wirklich nicht in eine gesunde Kink-Beziehung.

Warum steht man darauf?

Scham ist ein sehr intensives Gefühl, das auch eine physische Auswirkung auf den Körper hat. Die Körpertemperatur steigt, manche Menschen bekommen einen roten Kopf, schwitzen, können kaum noch sprechen. Das Gefühl wird auch mit Bloßstellung und etwas Verbotenem assoziiert. 

Auch das Machtgefälle und die Unterlegenheit spielen eine große Rolle. Top demonstriert die Macht über den oder die Bottom. Degradiert man den submissiven Part auf etwas, das weniger ist als man selbst, oder sogar zum Tier, Objekt oder Lustobjekt, betont man damit die eigene Überlegenheit. Doch die Erniedrigung kann auch einen Einstieg in den Subspace erzeugen, indem Bottom durch verbale oder psychische Erniedrigung sein oder ihr Platz im Gefälle zugewiesen wird.

Da es sich um ein unangenehmes Gefühl handelt, das oft ohne physischen Einfluss erzeugt werden kann, kann Erniedrigung auch eine Strafe sein. Beispielsweise durch lautes Rezitieren während des Tragens eines Knebels und das damit verbundene Einspeicheln. Auch eine kniende Haltung oder das Verweilen an einem schmutzigen Ort sind erniedrigende Strafen. Hierbei liegt der Genuss darin, dass man das Unangenehme aushält.

Als Brat ist Erniedrigung besonders reizvoll. Denn sie gibt zusätzlichen Zündstoff für gegenseitiges Angehen und Reizen. Eine:n Brat zu erniedrigen, kann die Wehrhaftigkeit hervorrufen, die man sich für eine Session wünscht. Oder auch eine besondere Bestrafung für vorlautes Verhalten sein.

Wie kann Erniedrigung aussehen?

Scham und was diese auslöst ist etwas sehr persönliches. Allerdings gilt es genau das mit einem intensiven Vorgespräch herauszufinden. Dabei solltet ihr die persönlichen Grenzen auszuloten, um das empfindliche Gleichgewicht zwischen erotischer Erniedrigung und Beleidigung zu wahren.

Sprache ist eine beliebte Form von Erniedrigung. Das kann beim Dirty Talk anfangen und bis zum Schimpfen gehen. Manche Menschen wollen einfach Schimpfwörter und Beleidigungen hören. Andere wollen über ihre eigene Erregung verspottet werden. Wieder andere hören gerne ganze Geschichten und Fantasien, die darauf basieren, was gerade gemeinsam erlebt wird. Das Wort ist eine starke Waffe, wenn man sich erst einmal dazu überwunden hat, mit dem Sprechen anzufangen. Gerade zu Beginn einer Session kann eine verbale Einleitung mit Ankündigungen, Erinnerungen und Erniedrigung eine Person in den Subspace leiten. Eine besonders beliebte Form der verbalen Erniedrigung ist die “Small Dick Humiliation” bei der Top das Glied des Subs verspottet.

Es gibt einige Rollenspiele, die automatisch erniedrigend sind: Herrschaft und Personal, Toilettensklave, Petplay (sehr subjektiv), Militär, Gefangene:r und Aufpasser:in, Patient:innen und Arztpersonal, Objektifizierung. Dies alles sind Rollen, die mit einer sehr klaren Unterlegenheit belegt sind. Innerhalb dieser Rollenspiele, kann erniedrigt werden, ohne dass auf die reale Person Bezug genommen wird. 

Körperliche Züchtigung kann ebenfalls als Erniedrigung wahrgenommen werden. Eine Ohrfeige ist eine Geste, die mit Bestrafung und Bloßstellung belegt ist. Auch Spanking oder andere Formen von physischen Strafen können zu peinlicher Berührtheit führen. Ebenfalls beliebt sind Anspucken, Bimbofication, Verspotten oder Natursektspiele. Es gibt auch eine eigene Bondage-Kategorie namens “Rope Shame Play”, die man für körperliche Erniedrigung nutzt.

Die Demütigung ist auch eine Form der Erniedrigung. Jedoch geht es dabei eher um eine physische Vorführung von Unfähigkeit. Die Bloßstellung und das Vorführen von Fehlern oder fehlenden Fähigkeiten findet hier meist vor Publikum statt.

Wer erfreut sich an Erniedrigung?

Die passende Rolle heißt für den dominanten Part Degrader (zu deutsch Unterwerfer:in oder Erniedriger:in). Menschen mit dieser Rolle genießen den Akt der Erniedrigung. Sie erfreuen sich an der Scham anderer Menschen. Aber auch viele andere Doms oder Tops mögen Praktiken, die erniedrigend sind. Der devote Part heißt Degradee also Unterworfene:r oder Erniedrigte:r. 

Ein:e Degradee ist im BDSM also eine Person, die durch Demütigung und Erniedrigung sexuell erregt wird. Viele Menschen mit masochistischer Neigung mögen Erniedrigung. Aber auch andere Bottoms und submissive Menschen können diese Spielarten genießen.

Vorsicht ist geboten! Was es zu beachten gilt:

Die vorherige Absprache ist sehr wichtig. Ausführliche Gespräche, das Testen von Wörtern, Beleidigungen und Gesten sind unabdinglich. Das Spiel mit Erniedrigung ist das Spiel mit persönlicher Kritik. Dabei ist es eine unglaublich subjektive und persönliche Einstellung, was man hören, tun oder sagen kann und was nicht. Lotet also gemeinsam eure Grenzen und Limits aus. Sprecht vor jeder Session nochmal durch, was ihr wollt und was nicht. Denn manchmal ist genau das tagesformabhängig. Beschäftigt euch mit dem Thema Erniedrigung, losgelöst von dem was in Pornos gesagt wird. Findet eure eigene Sprache.

Nach einer Erniedrigungs-Session ist Aftercare unabdinglich. Macht euch gegenseitig bewusst, dass ihr euch wertschätzt. Betont, dass die Dinge innerhalb einer Session geschehen und nicht auf euren Alltag abfärben. Eine gute Idee sind Komplimentzettel zu schreiben oder sich positive Dinge aus der Session zu erzählen. So könnt ihr ein Gefühl von Stolz wiederherzustellen.